Die erste, sehr anstrengende Woche im Projekt!

Am Montag begann wohl die mit Abstand anstrengendste Woche, die ich bisher hier in Peru erleben durfte. Als um 7:15 Uhr unser Wecker klingelte, drückten wir uns zunächst noch vor dem Aufstehen, besonders weil uns die Kälte nicht wirklich ermuntern konnte, aufzustehen.

Nachdem wir uns allerdings fertig gemacht haben, das Saatgut für das Gewächshaus eingepackt und uns Richtung Jugendhaus zusammen mit den beiden Jungs aufgemacht haben, stieg unsere Vorfreude auf den ersten Arbeitstag. Die Haustür des Schwesternhauses wollte uns jedoch vehement den Weg versperren und uns unseren ersten Arbeitstag nicht beginnen lassen. Nach einigen Versuchen mit verschiedenen Schlüsseln klappte es schließlich doch und wir machten uns zu viert auf den Weg zum Frühstückstisch, wo Anna-Maria und Regina bereits warteten.

Das gemütliche Frühstück verstrich und kurze Zeit später gingen wir zusammen mit Pavela und einem großen Dreirad - auf Spanisch Triciclo -, auf dem eine große Kiste für alle Sachen angebracht ist, zur Chacra. Dort wurde uns Juana, die Bäuerin, vorgestellt, mit der wir im nächsten Jahr ebenfalls viel zusammenarbeiten werden.

Über den Tag hinweg unterrichtete Pavela uns darüber, wie wichtig unser Einsatz in dem Gewächshaus ist und erläuterte uns im Detail unsere Aufgaben, die wir in dem nächsten Jahr innehalten.

Zudem erfuhren wir, dass an jedem Montag und Mittwoch Obst und Gemüse geerntet wird. So durften wir schon die ersten Tomaten, das erste Mangold, ein bisschen Blumenkohl, Salat und Kohl ernten und mit dem Dreirad zur Herberge fahren.

Selbstverständlich passiert mir das Missgeschick, dass ich samt Fahrrad und Gemüse im Graben landete. Glücklicherweise habe ich den Wagen aber so halten können, dass weder das Gemüse aus der Kiste gefallen, noch mir etwas passiert ist. - Gott sei Dank!

Liebenswerterweise hat Florian danach den Wagen übernommen und ohne weitere Vorfälle bis zum Jugendhaus gefahren.

Direkt im Anschluss fand das erste Gespräch mit den Schwestern und Juana statt, indem wir unter anderem den Tagesablauf für die nächsten Wochen besprochen haben:

 

- 7:30 Uhr: Frühstück

- Zwischen 8:00 und 8:30 Uhr: Beginn Arbeit im Gewächshaus

- 11:00 Uhr: Aufbruch zurück zum Jugendhaus

- 11:00 - 12:30 Uhr: Zeit zum Duschen, fertig machen, umziehen

- 12:30 Uhr: Mittagessen

- 15:30 - 17:30 Uhr: Hausaufgabenbetreuung

- Zwischen 17:30 und 19:30 Uhr: Zeit zum Abendbrot

- 19:30 - 20:30 Uhr: Computer- bzw. Englischunterricht

- Danach: Ihr werdet es nicht glauben: Tot ins Bett fallen!

 

Die Schwestern sind uns gegenüber sehr offen und herzlich, sodass das Gespräch sehr gut verlaufen ist. Zu diesem Zeitpunkt überreichten wir den Schwestern unsere Gastgeschenke, verschiedene Schokoladensorten, die wir am Freitag Nachmittag zusammen mit unseren Tandempartnern gekauft haben. Während des Gespräches haben wir unter anderem nochmal auf Marina angesprochen, eine Studentin, die im Laufe der nächsten Woche für 6 Wochen ebenfalls in Quiquijana leben wird und ihre Bachelorarbeit über die Kindergartenkinder und die Kinder in einer Kinderkrippe schreiben wird.

Ganz begeistert waren die Schwestern von der musikalischen Ader in unserer Gruppe, da in unserer Gruppe Instrumente wie Geige, Gitarre, Trompete, Saxophon und auch das Klavier repräsentiert werden. Regina und Benjamin spielen auch schon mit dem Gedanken einmal im Gottesdienst, der jeden Sonntagabend stattfindet, mitzuspielen. Auch davon waren die Schwestern hell auf begeistert. Insbesondere Schwester Polly, die den Gesang schon im letzten Gottesdienst lautstark mit ihrer Gitarre unterstützt hat. Insgesamt haben wir in dieser Stunde viel gelacht, auch wenn ich die Schwestern nicht immer zu hundert Prozent verstanden habe, habe ich manchmal einfach aus Sympathie mitgelacht, damit ich meine Unsicherheit der spanischen Sprache vertuschen konnte.

Anschließend gab es ein sehr leckeres Mittagessen, dass aus Bratlingen aus Gemüse und Tofu, Kartoffeln, Reis und Tomatensalat bestand. Endlich wieder frische Tomaten essen, die sogar aus eigenem Anbau waren! Sehr lecker!

 

Obwohl im Moment der Englisch- sowie Computerunterricht noch nicht stattfindet, da es erst die erste Woche nach den Ferien ist, bin ich fix und fertig. Die Aufgaben, die meine vierzehn bzw. fünfzehnjährigen Kinder bearbeiten müssen, überfordern mich sehr! Während ich mit den Englischhausaufgaben noch recht gut zurecht komme, da man meist nur einzelne Wörter übersetzen oder ein grammatikalisches Thema erklären muss, überfordern mich die Aufgaben im mathematischen Bereich, die ich dann in Zusammenarbeit mit Pavela und dem Schüler/ der Schülerin zu lösen versuche.

Es bedarf natürlich viel Autorität sich gegen diese Jugendlichen durchzusetzen, was selbstverständlich noch einen Ticken anspruchsvoller wird, wenn man die Sprache nicht in einem so hohen Maße beherrscht, dass die Kleinen dich nicht sofort verstehen bzw. du sie nicht.

Zwei Stunden lang auf diese Kinder aufzupassen, hört sich vielleicht im ersten Moment auch nicht viel an. Allerdings verging die Zeit meiner Meinung nach im Schneckentempo. Eine Zeit, die mir einerseits viel Spaß gemacht hat, mich aber immer wieder an meine eigenen Grenzen – beispielsweise im mathematischen Bereich – gebracht hat. Es fühlt sich wirklich komisch an als Abiturientin aus Deutschland zu kommen und die Aufgaben der vierzehnjährigen nicht lösen zu können.

Nachdem die Hausaufgabenbetreuung vorbei war, bekamen die Mädchen und Jungen ihr Abendbrot, das aus Grießbrei und Brot bestand, daher hatten wir genügend Zeit uns selbst auch den Tisch zu decken. Typisch deutsch haben wir uns ein Spiegelei gebraten und uns frisch geerntete Tomaten aufgeschnitten.

 

Nach dem Abwasch unter kaltem, fließenden Wasser widmeten wir uns wieder voll und ganz den Kindern, die uns im Sekundentakt “Calga me! Calga me!” zuriefen, was so viel bedeutet wie “Nimm mich auf den Arm!” und selbstverständlich akzeptierten sie kein »Nein« und zerrten so lange an uns und unseren Pullover, bis ihr Willen erfüllt wurde. Klebte gerade ein Kind nicht mehr an deinem Hals oder Bein, rannten mindestens zwei andere auf dich zu und das Spielchen ging von vorne los.

Die Mädchen haben außerdem einen großen Spaß daran uns weiblichen Freiwilligen die Haare zu flechten. Das Handwerk beherrschen die Kleinen echt gut und man muss gut Acht darauf geben, dass zuerst alle Hausaufgaben fertig sind, bevor man ihnen seine Kopfhaut überließ. Dabei können zwar viele Haare verloren gehen, so wie bei mir in der letzten Woche, aber die Frisuren, die dabei entstehen, können sich sehen lassen!

 

So verging der erste Tag in Quiquijana und die anderen Tage der letzten Woche sahen nicht sehr anders aus.

Unser Zimmer haben Franca und ich noch ein wenig verschönert, in dem wir bisher zwei Karten aus Deutschland aufgehangen haben, sowie zwei Plakate, auf denen wir Ideen zur Steigerung unseres Wohlbefindens sammeln. Auf dem einen Plakat befindet sich eine Einkaufsliste mit Dingen, die wir zur Verschönerung unseres Zimmers benötigen. So möchten wir uns in den nächsten Wochen noch einen Teppich für die kahlen Fliesen, eine große Tischdecke und einen großen Kalender kaufen, auf dem wir alle wichtigen Daten eintragen können. Da uns die Freiwilligen in unserem Zimmer einen Wasserkocher gelassen haben, möchten wir uns dafür auch noch zwei typisch peruanische Keramiktassen kaufen. Das zweite Plakat trägt die Überschrift "Was uns unsere Eltern aus Deutschland schicken dürfen" - und an oberster Stelle steht selbstverständlich: Schokolade! ♥

Am Mittwoch, der zweite Tag an dem Obst und Gemüse geerntet wurde, durften wir Tomaten, Salat, Petersilie, Blumenkohl, Spinat und Cilantro (mexikanischer Koriander) zum Jugendhaus bringen.

Am Mittwochnachmittag ging es mir plötzlich ziemlich schlecht, sodass mir Schwester Polly Bettruhe verordnet hat. Im Nachhinein war das wirklich sehr gut, da ich den Schlaf wirklich benötigt habe, während die anderen die Hausaufgabenbetreuung alleine gemeistert haben.

Am Donnerstag nach dem Mittagessen stand plötzlich Benjamin in unserer Tür zu unserem Zimmer und berichtete uns, dass am Freitag und Samstag in ganz Peru ein Generalstreik stattfindet, sodass uns keine Busse und keine Taxen von Quiquijana nach Cusco fahren können.

Alle Kinder in der Albergue fuhren daher auch schon am Donnerstagnachmittag zurück in ihre Familien, sodass auch wir zurück zu unserer „Mama Lili“ fuhren. Es war schon ein sehr heimisches Gefühl wieder zurück in unser kleines Reich zu fahren, in dem sich all unsere Fotos aus Deutschland und noch sehr viele Dinge befinden, die wir beim ersten Mal nicht mit nach Quiquijana nehmen konnten.

 

Ich grüße euch ganz herzlich nach Deutschland und in die ganze weite Welt!

An all meine Geburtstagskinder aus der letzten Woche: Feliz Cumpleaños de Peru! ♥

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