Peruanisches Krankenhaus testen!

Am Sonntagnachmittag, gegen 16 Uhr, habe ich mich zusammen mit Franca auf den Weg zu Frau Dr. Johanna Menke, einer deutschen Ärztin, gemacht, die hier in Peru arbeitet. Franca hat sich bei ihr einen Termin geben lassen, da sie seit Tagen von Bauchschmerzen, Fieber, Übelkeit und einem Schlappheitsgefühl gequält wurde.

 

Nach einer Unterhaltung mit dieser Ärztin, einer Laboruntersuchung und ein bisschen Wartezeit erreichte uns leider die Nachricht, dass sie für die nächsten 48 Stunden Infusionen und Antibiotikum bekommen sollte und demnach hier in das peruanische Krankenhaus eingeliefert werden muss, da sie die Diagnose Typhus bekam!

 

Glücklicherweise steht in jedem peruanischen Krankenzimmer ein Bett für Besucher zur Verfügung, sodass ich sie diese langweiligen 48 Stunden begleiten konnte, während sich die anderen Freiwilligen zusammen mit Marina schon auf den Weg nach Quiquijana machten.
Da das Krankenhaus das höchste Gebäude Cuscos ist, hatten wir aus dem zehnten Stockwerk im Zimmer 1001 einen wunderschönen Ausblick über die Anden: Das Stadtbild von Cusco erstrahlt in der Nacht mit tausenden von Lichtern und in der Ferne konnte man gut die Bergkette erkennen. Im Vordergrund gibt es noch einen großen Platz, auf dem immer was los war, da sich dort Leute treffen, zusammen Musik machen und tanzen oder den schönen Brunnen in der Mitte des Platzes bewundern. Von hier oben durften wir auch die eine oder andere Demonstration miterleben, an der mindestens tausend Leute teilnahmen, wodurch wir entweder frühzeitig geweckt oder erst verspätet einschlafen konnten.

 

Doch auch wenn der Ausblick mit einem Hotelzimmer aus dem Urlaub verwechselt hätte werden können, lagen wir zusammen im Krankenhaus, das jedoch sehr sauber und organisiert schien. (Der einzige Unterschied bestand wohl darin, sich das Toilettenpapier selbst mitbringen zu müssen.)

Alles in allem habe ich mir ein peruanisches Krankenhaus vollkommen anders vorgestellt: Einzelzimmer, in denen noch Platz für ein Besucherbett gibt, Wlan existiert und ein großer LG Flachbildschirm an der Wand hängt; Aufzüge, die bis in den zehnten Stock fahren können; ein Personal, das alle halbe Stunde Zeit hat, sich nach deinem Wohlbefinden zu erkundigen und wirklich leckeres Essen - abgesehen vom Frühstück.
Gegenüber des - wie ich erfahren habe Privatkrankenhauses - gibt es sogar zwei Supermärkte, sodass ich während Franca schlief oder mit ihren Eltern telefonierte, einkaufen ging. Neben Brötchen und Cola konnte ich am zweiten Nachmittag ein paar Kekse ergattern und der Tag war - definitiv für mich, die gar keine Schmerzen hatte - gerettet!

Am Montagnachmittag, der erste Nachmittag in diesem Krankenhaus, kam auch Lili und Bico Franca besuchen und erkundigten sich nach ihrem Wohlbefinden. Darüber hat nicht nur sie sich tierisch gefreut, sondern auch ich, die sehr froh ist, bei diesen Gasteltern zu wohnen. Leider verstrich in der kurzen Zeit, in der die beiden hier waren, Lilis Mittagspause, sodass sie sich schnell wieder auf den Weg zu ihrem Optikerladen machen musste.

 

Lustig war, als wir von einer Ärztin am zweiten Morgen geweckt worden sind: Mit lauter, spanischsingender Musik platzte sie in unser Zimmer, schloss Franca erneut an den Tropf, lächelte ein wenig - soweit man es durch ihren Mundschutz erkennen konnte - verließ das Zimmer und widmete sich dem nächsten, schlafenden Patienten, der sich sicherlich genau so sehr wie ich mich über diese Art des Weckens gefreut hat.

 

Nachdem ich mich voll und ganz darauf eingestellt hatte, am Dienstagnachmittag das Krankenhaus zu verlassen, kam leider Frau Menke in unser Zimmer und teilte uns mit, dass in Francas Magen noch ein weiteres Bakterium schwirrt, sodass ihre Entlassung um 48 Stunden nach hinten verschoben musste. Das bedeutete leider auch, einen neuen Zugang zu legen, da der erste nicht mehr für die nächsten beiden Tage ausreichend war. Dies gestaltete sich nicht als sehr einfach, da ihre Venen beim besten Willen nicht zum Vorschein treten wollten und ihre Hände viel zu kalt waren. - Der lustige Arzt, dem wir noch Englisch beibringen sollen und er uns im Gegenzug Quechua lehrt, nahm dies zum Anlass, um den ersten Zugang einfach ein neues Pflaster zu kleben, nachdem zwei Versuche an der anderen Hand/ Arm gescheitert sind.

 

Ich bin sehr froh darüber, dass es Franca schon viel, viel besser geht und dass ich wirklich gesagt habe, dass ich sie bei diesem Krankenhausaufenthalt begleiten möchte und werde! Auch wenn ich hin und wieder etwas von Langeweile geplagt wurde und mein Bett nicht das gemütlichste war, sah und sehe ich es nach wie vor als eine Selbstverständlichkeit an, da ich mich a) schon als ihre Freundin bezeichne und b) ich mir sicher bin, dass sie das Gleiche für mich getan hätte.

 

Gefreut haben wir beide uns auch über Pavelas Besuch, die am Mittwochnachmittag aus Quiquijana angereist kam, um mein krankes Mädchen zu besuchen. Mit ihr haben wir mindestens zwei Stunden lang wortwörtlich über Gott und die Welt geplappert und sie über unsere zukünftigen Berufswünsche unterrichtet. An dieser Stelle hat sie nochmal betont, dass die Kinder der Albergue fast alle nicht die Möglichkeit bekommen werden, zu studieren. Nur vier oder fünf Jugendliche konnte sie benennen, die aufgrund ihrer Intelligenz eine Chance dazu bekommen könnten.

Freundlicherweise hat sie uns auch ein Stück Torte mitgebracht über das wir uns sehr gefreut haben. Mit den Worten „Ich möchte, dass ihr mal etwas anderes zu essen bekommt“ hat sie uns dieses überreicht und ich musste darüber sehr lachen. Gut gestärkt kam wenige Zeit später auch das Mittagessen, das man sehr gut essen konnte.

 

Im Laufe des Aufenthalts hier bin ich sogar in einen Laden, den ich schon länger im Auge hatte, gelaufen, um dort für meine kranke Invalidin und mich Cupcakes und Croissants zu kaufen. So etwas Leckeres habe ich selten gegessen!

 

Außerdem bin ich froh und zugleich erleichtert, dass ich nun weiß, dass Typhus, wenn es richtig behandelt wird, nicht zum Tode führt und meine Horrorvorstellung, die mir Thomas Mann in seinem Buch "Buddenbrooks" mit der Person Hanno vermittelte, in den Wind geblasen werden konnte.

 

Im Moment wünsche ich mir nichts mehr als wieder in Quiquijana zu arbeiten und etwas gefordert zu werden! Aber die Stunden hier sind am Donnerstagmittag schon vorbei, denn ziemlich sicher wird Franca dann endlich entlassen und noch sicherer bin ich mir, dass ich am Montag bei der Arbeit in Quiquijana über die Aussage lachen werde, wieder arbeiten zu wollen!
Dort habe ich mir vorgenommen, falls meine Kinder meine Hilfe erneut nicht benötigen, Vokabeln zu lernen und somit in dieser Zeit meinen eigenen Horizont zu erweitern.

Obwohl ungewollt und ein wenig schockierend, war diese Woche wieder sehr abwechslungsreich, sodass ich nächste Woche Marina morgens in den Kindergarten begleiten kann, während die anderen auf der Chacra arbeiten. In der nächsten Woche wird dann höchstwahrscheinlich vielleicht mein Blogartikel lauten "Abwechlung pur: Statt Chacraarbeit, den Kindergarten besuchen!"

Liebste Grüße aus dem heute verregneten Hochandenland,

eure Anna!

Kommentar schreiben

Kommentare: 0