Das Wetter in Peru und die neue Fahrradpumpe auf der Chacra

Guten Morgen/ Tag/ Abend/ Nacht allerseits!

 

Heute möchte ich euch nicht von meinem Wochenende berichten, sondern eher von den Wetterunruhen erzählen, die sich momentan ereignen. So erlebten wir vor allen Dingen am letzten Samstag ein Unwetter der besonderen Art: Als Franca, Regina und ich abends in einem kleinen Laden, der wundervolle Säfte verkauft, saßen (ich wollte nicht Saftladen schreiben! ;-)), begann es urplötzlich in Strömen zu regnen, aber auch stark zu hageln. Kaum hatten wir den Laden verlassen, waren wir sehr nass – besonders weil nachmittags noch strahlend die Sonne schien und wir daher an Regenjacken nicht gedacht hatten.

 

Kurzer Einschub: Da mich immer so viele Menschen fragen, welche Temperaturen hier momentan herrschen: Leider ist mein inneres Thermometer defekt, sodass ich euch die Frage nicht genau beantworten kann. Allerdings kann es nachts nur mit der Decke im Schwesternhaus und ohne Heizung doch ziemlich kühl werden, man jedoch am gleichen Tag sehr schwitzen, wenn man durch die Straßen Quiquijana geht oder mittlerweile auch hin und wieder mit dem reparierten Fahrrad fährt.

 

Da Cusco eine Stadt mitten in den Anden ist, die sich über sehr viele Höhenmeter erschreckt, wurden aus den Straßen Wasserfälle und die Autos (wir haben uns auch für eine Taxifahrt entschieden) kamen kaum voran, da sich das Wasser auf den ebenen Straßen doch sehr staute. Erst da bemerkte ich, dass die Stadt Cusco beispielsweise kaum Abwasserkanäle oder Gullys besitzt und bemitleidete die vielen Obdachlosen auf den Straßen, die sich an der einen oder anderen Stelle unterstellten.

Lili, unsere Gastmutter, sagt uns immer, dass dieses feuchte und vor allen Dingen hagelreiche Wetter, auf eine sehr heftige Regenzeit hindeutet, da diese offiziell noch gar nicht richtig begonnen hat. Im Prinzip gibt es in Peru auch keine vier Jahreszeiten, wie wir sie kennen. Denn die Peruaner (und generell die meisten Südamerikaner) unterscheiden nur zwischen zwei Situationen: Zwischen der Regen- und der Sonnenzeit. Trotz alledem kann man momentan morgens die Vögel in den nicht vorhandenen grünen Bäumen zwitschern hören und die Frühjahrsgefühle der Menschen beobachten, die im Allgemeinen verrücktspielen. So kann man im Augenblick noch mehr küssende Paare am Straßenrand antreffen, als es eh schon der Fall ist.

Obwohl hier, nach unserer Denkweise, momentan der Frühling beginnen würde, bekommt man davon nicht viel mit. Vereinzelt darf man mal eine schöne, blühende Blume betrachten – Allerdings eine rare Ausnahme! So vermisst im momentan ein wenig die roten Blätter des Herbstes und die Krokusse und Hyazinthen des Frühlings. Auch hätte ich gerne einen Adventskranz, um mir wenigstens durch ihn vor Augen führen zu können, dass wir uns fast in der adventlichen Vorweihnachtszeit befinden.

 

Auch dieses Mal möchte ich nicht ausführlich von jedem Tag der Woche berichten, sondern entweder nur durch einen Satz auf kuriose oder nervige Erlebnisse hinweisen oder im Detail außergewöhnliche, spannende Dinge berichten.

 

Kurios jedoch begann unsere Busfahrt nach Quiquijana am Sonntagabend. Später als gewohnt machten wir uns auf den Weg zu unserer Busstation und sahen mit großen Augen auf die Menschenmassen, die alle mit den Bussen fahren wollten, mit denen wir auch wöchentlich nach Quiquijana touren. Ein wenig lustlos standen wir uns an die mindestens 150 bis 200 Meter lange Schlange an, als wir plötzlich unsere beiden Jungs weiter vorne in der Reihe entdeckten. Im Verlauf eines Gespräches zwischen Anna-Maria und den Jungs stellte sich heraus, dass sie seit über einer Stunde, fast zwei, warten. Ohne dass wir auf die Idee gekommen wären, boten sie uns freundlicherweise an, ein Ticket für uns mit zu kaufen, obwohl wir schon damit gerechnet hatten, drei Busse später als sie im Projekt anzukommen.

 

Als wir dann endlich einen Sitzplatz hatten und die Fenster mit Gewalt aufbekamen, um dem schrecklichen Geruch des Busses zu entfliehen, nahm eine Frau mit ihrer ungefähr 9 Jahre alten Tochter auf dem Gang Platz, die beide ein Babyschaf mit sehr weichen Fellen auf ihrem Schoß trugen. Zwischendurch blökten die Tiere gerne, weil sie tierischen Durst hatten. Und ich konnte sie verstehen.

 

In Quiquijana angekommen wurden wir ein weiteres Mal von keinem Strom überrascht, der jedoch morgens früh wieder zu benutzen war, wodurch mein MP3-Player aufgeladen werden konnte und sich meine Laune sehr besserte.

Eine weitaus größere Überraschung bot mir an diesem Abend unsere Oberordensschwester Sör Nelly, die mir ein Paket aus Deutschland überreichte. Es ist von dem lieben Cousin meiner Mutter, der mir einen zweiten Vogel auf einem Keilrahmen zugeschickt hat, den ich einmal quer durch Peru fliegen lassen werde. (Vielen Dank, Willi!)

Außerdem wurde der kleine Weg zur Haustür der Albergue an diesem Wochenende wieder benutzbar gemacht. Allerdings hoffe ich sehr, dass die Bauarbeiter den Weg noch einmal komplett bearbeiten, da man momentan bis zu den Knien im Schlamm steckt, wenn es geregnet hat. Ihr möchtet nicht wissen, wie all meine Schuhe momentan aussehen.

 

Am Dienstagmorgen besuchten wir alle nicht die Chacra, sondern besuchten den Plaza de Armas, auf dem Regina, Franca und Benjamin ein kleines Konzert gaben, da der Bürgermeister der Stadt sowie die Pyschologin Rosa dazu eingeladen hatten. An diesem Tag/ Vormittag fand der „Tag der Rechte des Kindes“ statt, sodass ein Clown die Kindergartenkinder Quiquijanas belustigte, mit ihnen einige Spielchen spielte und es einen kleinen Umzug der Kinder über den Hauptplatz gab, wobei die Kinder mit Plakaten in der Hand die Straße hinauf marschierten. Auf diesen Plakaten standen kurze Sätze wie „Ich habe das Recht auf Nahrung“, „Ich habe das Recht mit meiner Familie zusammenzuleben“ oder „Ich habe das Recht auf Spielen mit meinen Freunden“. Diese drei Sätze sind nur Beispiele für die vielen, bunt verzierten Plakate, die die Kinder mit Stolz, aber auch ein bisschen mit Ehrfurcht trugen. Am Ende der Straßen wurde ihnen dann eine Tüte mit Popcorn und Himbeergelatine überreicht. Immer mal wieder spielten Benjamin, Franca und Regina einige einstudierte Stücke wie „El condor pasa“. Leider funktionierte die Musikanlange a) nicht so, wie die drei sich es vorgestellt hatten und b) durften sie nicht all ihre Stücke spielen, da dafür schlichtweg keine Zeit blieb. Darüber ein wenig verärgert und trauernd über die verlorengegangene Zeit, in denen sie die Stücke einstudiert hatten, fuhren wir später zurück zur Albergue.

 

An diesem Tag war die Laune unserer Vorgesetzten gewiss nicht die beste, wobei wir auch dazu sagen müssen, dass wir einige Fehler gemacht haben. So regten diese sich beispielsweise über den vielen Dreck auf, der durch die unfertige Straße zur Haustür hin, im ganzen Haus verteilt wurde. Außerdem ist ein Schlüssel abgebrochen, der zu dem Raum führt, in dem unsere Fahrräder untergestellt werden. Heute summierten sich viele Kleinigkeiten, die zu einem angespannten Verhältnis geführt haben.

 

Mit meinen kleinen Rabauken der Hausaufgabenbetreuung klappt es momentan aber richtig gut. Obwohl nicht viele meine Hilfe bei ihren Hausaufgaben in Anspruch nehmen möchten, freue ich mich doch, wenn ich dem ein oder anderen bei komplizierten Aufgaben helfen kann. Zu dem ein oder anderen fehlt mir immer noch ein gewisser Draht, andere hingegen stellen mir sehr persönliche Fragen. Besonders mit einem Jungen, er heißt Clemente, komme ich super zurecht und konnte ihm heute sogar bei einer schwierigen Matheaufgabe helfen. Obwohl im deutschen Curriculum alles was mit Polynomen-Division zu tun hat, gestrichen wurde, konnte ich mir das Thema auf Spanisch anlesen und ihm gut helfen. Zwischenzeitlich habe ich mich sogar selbst überrascht auf das richtige Ergebnis gekommen zu sein, da Mathe gewiss noch nie meine Stärke war.

 

Außerdem ist der neue Flyer der Kinderhilfe Cusco-Peru e.V. fertig, der eine Jahresbilanz über das vergangene Jahr 2013 zieht. Unter meinem Blogeintrag steht dieser zum Download bereit.

 

Am Mittwochmorgen waren wir nur zu dritt auf der Chacra, auf der an diesem Tag Hochleistungssport betrieben wurde. Die Arbeit, die wir am Montagvormittag zu acht bearbeitet hatten, machten wir an diesem Tag nur zu dritt (später zu fünft, da Pavela und Juana mithalfen) und ernteten dazu noch eine Menge. Insgesamt waren wir aber schneller fertig als am Montag, was mich auf der einen Seite sehr erfreute, aber auf der anderen sehr zum Schwitzen brachte.

 

Meine Erkältung hat hoffentlich mittlerweile ihren Höhepunkt erreicht, sodass sie in den nächsten Tagen immer mehr abklingt.

Abends, als ich alleine auf den Straßen Quiquijanas unterwegs war, um zum Schwesternhaus zu gehen (Anna-Maria ist mit dem Fahrrad gefahren), kam mir ein kleines, ungefähr zwei bis drei Jahre altes kleines Mädchen entgegen. Auf meine Fragen „Wohin gehst du?“ „Wo ist deine Mama/ dein Haus?“ oder „Wie heißt deine Mama“, hat die Kleine entweder total schüchtern auf Spanisch geantwortet, sodass ich sie nicht verstand, oder aber sie sprach ausschließlich Quechua. Da ich mir nicht anders zu helfen wusste, brachte ich das süße Mädchen zu dem nächsten, geöffneten Laden, in dem zwei Frauen saßen. Zwar wussten die beiden Damen auch nicht, woher das Mädchen kommt oder wer ihre Mutter ist, allerdings nahmen sie die Kleine liebevoll an sich.

 

Donnerstag, 21. November 2013

An dieser Stelle möchte ich auch hier meiner lieben Mama zum Geburtstag gratulieren, die ich besonders an diesem Tag sehr vermisst habe. Alles Liebe und Gute, Mama! ♥

 

Nichtsdestotrotz ging die Arbeit auf der Chacra weiter. Jedoch nicht Wasser schleppend, sondern Tomaten- und Bohnensträucher zurückschneidend verstrichen die Stunden. Anschließend holten wir noch eine Pumpe, die ab morgen mit einem Fahrrad angetrieben wird, und einen Schlauch, um die Pumpe mit dem Brunnen zu verbinden. So werden wir ab morgen kräftig in die Pedale treten, um die Pflanzen in den Gewächshäusern zu bewässern. Ich bin gespannt, wie gut die Konstruktion funktionieren wird. Hoffentlich denke ich an meine Kamera, um euch ein Foto davon zu zeigen.

 

Abends waren wir noch mit allen Kindern im Gottesdienst. Ich liebe diese Tage, wenn ich mir ein oder zwei Kindern an der Hand durch die Straße Quiquijanas laufe und die Bewohner mit einem freundlichen "Buenas tardes" begrüßen kann. Obwohl ich dieses Mal nicht viel in der Messe verstanden habe, hat mir diese wirklich gut gefallen. Unter anderem durfte der kleine Abel (ein Jungs der Albergue) messdienen, was er wirklich sehr ehrfurchtsvoll gemacht hat und drei Kinder sowie zwei Erwachsene trugen eine Fürbitte vor, die sie sich kurze Zeit vorher selbst ausgedacht hatten. Beispielsweise betete ein kleiner Junge für alle kranken Menschen auf der Welt. Momentan ist unsere liebgewonne Schwester Polly nur sehr selten in Quiquijana, um ihre krebskranke Mutter in Cusco zu pflegen. Beispielsweise in den Messen fehlt sie uns sehr, da sie das Geschehen immer mit ihrer Gitarre und ihrer tollen Stimme untermauert hat.

 

Als ich von der Albergue wieder zurück zum Schwesternhaus lief, gab es im ganzen Dorf keinen Strom. Ich mag Stromausfälle, weil man dadurch immer wieder vor Augen geführt bekommt, dass es keine Selbstverständlichkeit ist zur jeder Tages- und Nachtzeit Strom beanspruchen zu können. Außerdem regnet es seit gut einer Stunde. Da wir immer mit offenem Fenster schlafen, hört man das Geplätscher ziemlich deutlich. Auch das mag ich irgendwie. Abends schrieb ich noch einen Brief, den ich auch am Wochenende verschicken werde.

 

An diesem Freitag stand die Welt in Quiquijana, und vor allem auf der Chacra ein wenig auf dem Kopf. Morgens lief ich zusammen mit Benjamin, Florian und Anna-Maria zur Chacra, auf der wir zuerst einmal nicht zu arbeiten begannen, da wir auf Pavela warten mussten, die einige Teile für eine Fahrradpumpe (hier auch gerne Bicibomba (von Bicicleta = Fahrrad) bezeichnet) gekauft hat. Als diese dann da war, begannen wir das schwere Gerät zu installieren, was sich gar nicht als so einfach erwies. Nachdem Florian schon einmal in den Brunnen klettern musste, um ein Gelenk des Schlauches, aus dem Brunnen zu fischen, das Pavela versehentlich in das vier Meter tiefe Loch fallen ließ, brauchten wir noch sage und schreibe 3 ½ weitere Stunden, damit die Fahrradpumpe ihren Dienst aufnehmen konnte. Da die Pumpe nicht stark genug dafür war, das Wasser vier Meter in die Höhe zu pumpen, ließen wir in ein zementiertes, quadratisches Loch Wasser ein, sodass die Pumpe daraus effizient Wasser durch einen Schlauch fließen lässt, der die Pflanzen in den Gewächshäusern bewässert. Leider kann man die Fahrradpumpe nicht an das Schlauchsystem anschließen, sodass immer noch drei Personen jeden Montag, Mittwoch und Freitag beansprucht werden: Einer, der wie wild in die Pedale tritt; ein zweiter, der das Wasser aus dem Brunnen in das zementierte Loch füllt und ein dritter, der mit dem Schlauch alle Pflanzen begießt.

Da wir den Vormittag nur dafür verwendet haben, das Gerät zu installieren, mussten vier von uns (dieses Mal Regina, Benni, Florian und ich) am Nachmittag ein zweites Mal die Chacra besuchen, während Franca und Anna-Maria die Hausaufgabenbetreuung der Waisenkinder alleine übernahmen. Begrüßt wurde ich von Romolo (der Ehemann der Bäuerin Juana), der gerade dabei war, eine kleine Schlange zu ermorden. Ich wollte gar nicht zusehen, wie er auf das arme Tier mit dem Stein einschlug. Die Frage, ob die Schlange giftig sei, verneinte er. Und so kann ich noch weniger verstehen, warum er das Tier getötet hat.

 

Im Anschluss trat ich zuerst für eine dreiviertel Stunde ordentlich in die Pedale, bis mir mein Po unheimlich wehtat (Er tut es immer noch!). Nach einer kurzen Verschnaufpause übernahm ich dann die Arbeit von Florian, der Romolo dabei assistierte den Schlauch so zu halten, dass viel Wasser aus dem Schlauch kam und keine Pflanzen verletzt wurden.

Für jedes Gewächshaus brauchten wir je eine Stunde, bis die schweißtreibende Arbeit beendet werden konnte. Als wir die Fahrräder in der Albergue wieder verstaut hatten und ich in Windeseile meine Tasche für Cusco gepackt hatte, fuhren wir zurück zu unserer Gastfamilie nach Cusco, worauf ich mich sehr freute.

 

Mir gefallen die Wochenende in Cusco in letzter Zeit sehr, da wir abends bis spät in die Nacht hinein unserer Gastmutter Lili beim Backen und Zubereiten ihrer Bestellungen für Geburtstage, Taufen und Co. helfen dürfen, tagsüber gemütlich in ein Cafe sitzen und Briefe schreiben, durch die Stadt schlendern, Besorgungen machen, uns manchmal mit peruanischen Freunden treffen, in Lilis Küche Nudeln kochen oder einen gemeinsame Film schauen.

 

Diese Woche ist wirklich wahnsinnig schnell vergangen. Jetzt ist es fast nur noch ein Monat bis Weihnachten, woran unsere Ferien anschließen. Ich kann es gar nicht fassen, wie schnell die Zeit doch vergeht und dass uns nach den Ferien und dem Zwischenseminar in Lima nur noch weitere fünf Monate bleiben – Die Zeit, die wir bisher hier sind.

 

Ganz liebe Grüße aus dem Andenhochland!

Besonders an meine Familie und Freunde. Ich schicke euch eine fliegende Umarmung,

eure Anna

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Flyer der Kinderhilfe 2013
Flyer Kinderhilfe 2013 neu.pdf
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