Schöne letzte Tage im April, schöner Start in den Mai

Liebe Leute,

schon wieder ist eine Woche vorbei und ich kann kaum glauben, dass die Zeit schon schnell vorübergeht. Manchmal habe ich am Freitagnachmittag das Gefühl, ich sei gestern erst nach Quiquijana gefahren – wobei es diesmal wirklich stimmte.

Die Woche begann ziemlich ruhig mit wenig Ausnahmen – allerdings lag ich schon am Montagvormittag erkältet mit Husten, Schnupfen und vor allen Dingen Halsschmerzen im Bett und ließ gezwungenermaßen die anderen alleine auf der Chacra arbeiten, wobei an diesem Morgen mehr krank waren, als arbeiten konnten. – Die kalten Monate sind wieder gekommen und wir müssen uns daran gewöhnen, wieder morgens mit Schal und Mütze aus dem Haus zu gehen.

 

Hier in Peru kann man eigentlich eher sagen „der launische Mai“, als der „regenreiche, wetterunbeständige April“. Denn wenn man morgens gegen 7:30 / 8 Uhr aus dem Haus geht, fragt man sich, warum der Pullover, die Mütze und der dicke Schal nicht ausreichend wärmen. Vier Stunden später – auf dem Rückweg von der Chacra zum Schwesternhaus – regt man sich auf, diese ganzen Kleidungsstücke tragen zu müssen, da man eingehen würde, würde man sie anziehen.

Allerdings kommt es auch gerne vor, dass die Sonne in ihrer vollen Pracht scheint und einen Sonnenbrand erzeugt und in der nächsten Sekunde der strömende Regen mit Gewitter dein Eis nicht mehr schmecken lässt.

 

Auf der Chacra haben wir im Moment die schöne Aufgabe in den heißesten Teilen der Gewächshäuser lange, zwanzig Zentimeter tiefe Reihen mit Spitzhacke und Schaufel zu graben. Spätestens nach sechs Reihen geben wir im Durchschnitt auf, während uns schon der Schweiß vom Rücken tropft und der Schwindel pro Sekunde zunimmt.

 

„Aus Grün wird Grau“

Vor allen Dingen in den letzten Wochen wandelt sich sehr die Farbe der Felder und des Waldes. Die großen Maisfelder wurden radikal zurückgeschnitten, die Wiesen mit Schutt belagert und die Bäume wirken seltsamer Weise auch kahler als zuvor. Die Regenzeit ist vorbei, die Sonne kommt. Die Felder sind zum Ernten bereit und ein tristes grau weicht der Farbe der Hoffnung und des Lebens, dem Grün. Außerdem habe ich ein wenig das Gefühl das mit diesem Wandel auch ein bisschen meine Hoffnung schwindet. Die Hoffnung, hier wirklich etwas zu verändern, ein kleines Stück zu verbessern, zu verschönern. Auch wenn kein Freiwilliger diese Illusion haben sollte, dass sich durch seine Hilfe in einem Land, in dem es feste Strukturen gibt (wie in jedem Land), etwas verändern könnte, hofft es im Prinzip jeder.

 

Nachdem der Montag mit einer schönen Messe abgeschlossen worden ist, entpuppte sich diese Woche wieder sehr abwechslungsreich, mit vielen Ausnahmen und Besonderheiten. So gaben wir kein einziges Mal in dieser Woche Englisch- oder Computerunterricht und die Hausaufgabenbetreuung fand auch nur noch am Dienstagnachmittag statt – Und zwar nur mit den Grundschülern. Während Anna-Maria, Regina, Benni und Flo mit den Kindern der Sekundaria den Mais auf unserer Chacra ernteten, halfen Franca und ich bei den Hausaufgaben unserer Kleinsten. „Male das Rathaus, dein Haus und deine Schule“, „Schreibe die vorige und folgende Zahl von 5000, 4876 und 3256 auf“ (das waren nur einige, leider wenige Beispielzahlen), „Schreibe eine Zusammenfassung des Buches Paco Yunque“ oder „Beschreibe mit deinen eigenen Worten wie das Verdauungssystem des Menschen funktioniert“ – Ich werde die Augenblicke vermissen, in denen rund zwanzig Kinder auf mich zu rennen und alle gleichzeitig eine Lösung hören möchten. Nach der Ernte und unserer Hausaufgabenbetreuung nahm alles seinen gewöhnlichen Gang, die Kinder begannen ihre Sachen zusammenzusuchen, um am nächsten Morgen schon früh zu ihren Familie aufzubrechen.

 

Während die Kinder zu ihren Familie liefen, machten wir uns auf den Weg zur Chacra, hackten Reihen in der Erde und ernteten einen Sack Mangold, je einen halben Eimer Tomaten und Bohnen sowie fünf Salatköpfe – Von allem nur ein bisschen, da wir ja auch nur eine handvoll Kinder zu ernähren hatten. Währenddessen waren Flo und Franca in der abzureißenden Küche beschäftigt, in dem sie mit Schleifpapier die Wände abschmirgeln mussten.

 

Und von diesem Mittag an bis Donnerstagnacht gab es rein gar nichts für uns zu tun – Die Kinder bei ihren Familien, das Wasserproblem auf der Chacra vorübergehend besiegt. Daher machte ich mich am Donnerstagmorgen (um 5:30 Uhr – so bekloppt wie ich bin) auf den Weg nach Cusco, um dort schon gegen 8 Uhr einzutrudeln. Nachdem ich schnell meine Sachen in der Gastfamilie untergebracht hatte, schlenderte ich durch die Straßen mit dem eigentlichen Gedanken, zu frühstücken. Als ich am Plaza de Armas ankam, änderte sich dieser Plan abrupt, da gerade die Glocken der Kathedrale zur Messe riefen. Dort feierte ich eine schöne Messe mit einem jungen Pastor, der eine schöne, eindrucksvolle Predigt hielt. Kaum verließ ich die Kirche wieder, kamen mir mehrere hunderte Männer und Frauen entgegen, die demonstrierten. Wogegen weiß ich leider nicht genau, ich wusste nur, dass es Zeit war, zu gehen, als neben mir eine Rakete in die Luft schoss, die mich für einen Moment nicht mehr hören ließ. Nach der Messe sprach mich Ezequiel an, ein junger Kunststudent aus Cusco, der mich versuchte ein wenig über die Demonstrationen aufzuklären und mit mir eine Runde zu spazieren, um sich ein wenig zu unterhalten. An diesem Vormittag habe ich nicht nur viel über die deutsche Geschichte geredet, sondern auch viele neue Dinge über die Inka-kultur erfahren.

 

Im Anschluss habe ich mit meinem lieben Opa telefoniert, der an diesem Tag seinen Geburtstag feierte (Auch hier Alles Gute, liebster Opa!), war in der Stadt eine Kleinigkeit essen und genoss in vollen Zügen die heiße Sonne, erledigte noch das ein oder andere und machte mich am Nachmittag, gegen sechs Uhr auf den Weg zurück nach Quiquijana. Im Endeffekt bin ich heilfroh schon so früh gefahren zu sein, denn ich brauchte an diesem verfluchten Abend über drei Stunden, um wieder anzukommen. Fiel abends todmüde ins Bett, nachdem ich über 17 Stunden auf den Beinen war, ohne ein einziges Mal lange zu sitzen oder gar zu schlafen (Mitleid?)

 

Am Freitagvormittag wuschen Regina und Franca die Wäsche – Ich war zusammen mit den anderen auf der Chacra, wobei wir an diesem Vormittag wieder nicht mehr geschafft haben, als sieben Reihen zu graben – in rund vier Stunden. Morgens wollte ich mich noch dagegen währen meinen Pullover auszuziehen aus Angst zu erfrieren, wenige Stunden später wollte ich nichts mehr von meinem Pulli wissen und ihn am liebsten auf der Chacra liegen lassen.

 

Nach dem Mittagessen sollten wir eigentlich noch aus der umzubauenden Küche den Schutt zur Chacra fahren. Aber „wenn du glaubst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo eine Filippa her“. Unsere Köchin hatte sich kurze Zeit vorher dazu bereit erklärt, die Sache in die Hand zu nehmen, und den Schutt zu verlagern, sodass wir schon um drei Uhr die Fahrt nach Cusco antreten konnten.

 

Damit verabschiede ich mich aus dem heiß-kalten Cusco,

in Liebe und bis bald,
eure Anna

 

P.S.: Seid euch bewusst: Es sind keine zwei Monate mehr! ♥

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