Ein bisschen Alltag

Liebe Leute

 

In weniger als 2 Monaten werde ich schon wieder im Flugzeug nach Düsseldorf sitzen. Auf der einen Seite freue ich mich riesig auf einige Gesichter und Dinge, die man im Hochandenland nicht erleben kann, aber auf der anderen Seite wird es auch ein sehr unschönes Gefühl sein, da ich nicht weiß, ob oder wann ich die Menschen wiedersehe, die ich hier kennen-, schätzen- und liebengelernt habe. Wenn ich daran denke, kommen mir ab und zu jetzt schon die Tränen. Einige der Kinder sind schon fast wie Geschwister für mich geworden - und selbstverständlich findet man es dann doof, einige Geschwister eventuell nie wieder zu sehen.

 

Jetzt möchte ich ein wenig von meiner Woche berichten, die zwar manchmal drunter und drüber ging, aber eigentlich voll und ganz dem Alltag entspricht:

 

Montag, 5. Mai 2014 –

 

Der Montagmorgen war vor allen Dingen wieder geprägt vom Reihen graben. Dieses Mal haben wir es so gemacht, dass wir je zweier Teams gebildet haben. Während beispielsweise Florian mit der Spitzhacke die Erde aufgelockert hat, hatte ich Pause und konnte anschließend mit der Schaufel die lockere Erde hinausschiffen. Da wir drei solcher Teams bilden konnten, ging die Arbeit wirklich sehr gut und auch schnell von der Hand, auch wenn ich so viel mehr als sonst geschwitzt habe. Auch Romolo, der Mann unserer Bäuerin, hat tatkräftig mitgeholfen, sodass nun alle Reihen gegraben sind und die Aufgabe der nächsten Tage sein wird, die Reihen mit Dünger zu füllen und wieder zu schließen. Romolo hat es bei solchen Arbeiten einfach drauf, weshalb ich nicht stolz auf meine Leistung sein kann – Während ich mich noch an der ersten Reihe abmühe, hat Romolo schon längst die dritte fertiggestellt; schon frustrierend. Auch haben wir wie jeden Montag geerntet. Dieses Mal Rote Beete, Mangold, Salat und Tomaten.

Nachmittags fand für mich wohl die schlimmste Hausaufgabenbetreuung des Jahres statt, da all meine Kinder nicht wirklich Hausaufgaben aufhatten, allerdings je ein Lied und ein Gedicht für ihre Mutter zum Muttertag schreiben sollten. So setzte ich mich über eine halbe Stunde mit den Kindern hin und schrieb einen ziemlich guten Text, den jedoch am Ende kein Kind haben wollte, da sie wie aus dem Nichts ein Buch aus ihrer Schultasche zauberten und daraus Texte abschrieben. Die ganze Arbeit für die Katz. Nach der Messe fand auch der Englischunterricht statt, der sehr erfolglos und laut verlief.

 

Dienstag, 6. Mai 2014 –

 

Ich kann nicht mehr. Schon wieder bin ich mit starken Bauch- und Kopfschmerzen aufgewacht. Mir ist schwindelig und konnte so schon wieder nicht arbeiten, was mich im Moment ziemlich fertig macht und Nerven kostet. Dienstag ist immer der Tag, an dem ich die kleine Nataly aus dem Kindergarten abhole, was mich sehr viel Kraft gekostet hat. Die Kleine ist aber zuckersüß! Außerdem haben an diesem Vormittag erneut nicht nur mein Körper rebelliert, sondern auch die Lehrer der einen Grundschule gestreikt, sodass nur eins meiner Kinder aus meiner Gruppe Unterricht hatte. Die anderen wurden nachmittags mit Arbeitsblättern versorgt. Beziehungsweise haben wir die Aufgaben, die schon am vorherigen Tag hätten gemacht werden sollen, fertig gestellt. Im Internetcafé habe ich einige Gedichte für die Mutter ausgedruckt, die die Kinder mit Schönschrift in ihr Heft übertragen haben. Schockierend war es für mich, wie auch die, die keine Eltern mehr haben, große Herzen in ihre Hefte gemalt haben mit Großbuchstaben „Ich liebe dich, Mama“ geschrieben haben.

 

Abends beim Englischunterricht haben wir mit den großen Kindern angefangen einen Film zu gucken, um auch einmal etwas „cooles“ mit ihnen zu machen. So schauen wir zurzeit „Beim Leben meiner Schwester“ auf Spanisch mit englischen Untertiteln, halten hin und wieder den Film an und fragen nach Vokabeln. Am Ende des Filmes werden wir einen Test über alle gelernten Vokabeln schreiben.

 

Während ich krank im Bett lag, habe ich unter anderem viel nachgedacht, was ich vor allem hier oben in den Anden vermissen werde. Auch hatte ich mich über dieses Thema mit Franca und Regina am Wochenende unterhalten. Für mich steht fest, dass ich definitiv Cusco und auch Quiquijana zu gleichen Anteilen vermissen werde. Das einfache Leben oben im Andendorf, das Einkaufen in kleinen Läden, womit man die Familien gut unterstützen kann. Das freundliche Grüßen von Jung und Alt. Die Andenkette und die wärmende Sonne am Nachmittag rund ums Jahr. Die Kinder und vor allem auch unsere Nonnen. Wie auch in Cusco durch die Straßen zu schlendern, einen Fruchtsaft zu trinken. Die liebgewonnen Freunde und Bekannten. Der Plaza de Armas besonders bei Nacht oder in einem Café einen guten Kaffee zu trinken, die Aussicht zu genießen und eventuell auch von jedem als „Gringa“ abgestempelt zu werden.

 

 

Mittwoch – 7.Mai 2014 –

 

Am Mittwochvormittag hatten wir auf der Chacra wieder eine besondere Aufgabe. Da unser Wasserproblem immer noch nicht behoben ist, haben wir heute den Schlauch freigelegt, der unter anderem für den Zufluss verantwortlich ist und haben festgestellt, dass sich in einem Gelenk des Rohres eine Metalldose verfangen hatte, wodurch das Wasser nicht mehr weiterfließen konnte. Allerdings muss diese Dose mutwillig in den Schlauch gedrückt worden sein, da ein Netz verhindert, dass solch große Gegenstände ins Rohr gelangen können. So legten wir erst mit Spitzhacke und Schaufel das Rohr frei, sägten es anschließend an einer Stelle auf und entdeckten kurze Zeit später den Übeltäter. Mit sehr dreckigen Fingern und einem rund 10 Meter langen Schlauch gingen wir später zurück zur Chacra, ernteten dort noch eine Menge angefangen von Mangold über Rote Beete bis hin zu Maiskolben. In den Gewächshäusern war es wieder sehr heiß, sodass wir ein wenig früher von der Chacra zurückgehen durften. So habe ich noch Regina, Schwester Poli und Benjamin beim Brotbacken geholfen und erst im Anschluss zum Schwesternhaus gegangen, um mich umzuziehen und für das Mittagessen fertig zu machen.

Nachmittags lief alles nach Plan, der Englischunterricht mit den Kleinsten fiel für ein Rosenkranz-Gebet aus und mit den jüngeren des offiziellen Englischunterrichtes haben wir auch einen Film geschaut, der bei allen sehr gut angekommen ist. Sehr müde und erschöpft viel ich abends wieder ins Bett mit der Gewissheit am nächsten Morgen ordentlich auf der Chacra arbeiten zu dürfen.

 

Donnerstag – 8.Mai 2014 –

 

Donnerstag, ein schön sonnig und warmer Tag, an dem auf der Chacra Löcher geschlossen werden mussten und Tomatensträucher zurückgeschnitten wurden. Durch die Hitze haben wir uns aber auch viel ausruhen dürfen und im Haus gesessen und über vieles gequatscht. Nach dem täglichen Spülen machten Regina und ich uns wieder auf den Weg nach unten, ruhten uns noch vor der letzten Hausaufgabenbetreuung der Woche aus. Bei dieser gab es heute nicht allzu viel zu tun, allerdings habe ich schon wieder einen neunen Jungen hinzubekommen. Mittlerweile darf ich auf neun Viert- bzw. Fünftklässler aufpassen. Außerdem kommen hin und wieder die Kleinsten von Schwester Poli hinzu, mit denen ich dann die Zweier- oder Dreier- Reihe übe. Ein Mädchen zum Beispiel kann nicht verstehen, dass man bei x10 einfach nur eine Null anhängen muss und braucht gefühlt zwanzig Minuten, um die Aufgabe 3x10 auszurechnen. – Das mathematische Verständnis ist bei den meisten sehr niedrig.

Im Englischunterricht am Abend haben schon einige Kinder gefehlt, um nachmittags ihren Familien im Dorf beim Vorbereiten für Muttertag zu helfen. So schauten wir nur mit einigen wenigen Kindern den Film weiter, wobei viele der vierzehn/ fünfzehn jährigen Kinder ausgeflippt sind, als sich an einer Stelle zwei Menschen geküsst haben – Wundersüß!

Als wir im Schwesternhaus ankamen, feierte unser Pastor in seinem Garten mit vielen Christen einen Gottesdienst, den Regina und ich von unserem Balkon aus beobachten. Auch wenn viel auf Quechua gebetet wurde, war die Stimmung sehr schön. Der Garten mit vielen Menschen gefüllt und mit noch mehr Kerzen erleuchtet.

 

Freitag – 9.Mai 2014 –

 

Am Freitagmorgen wurden in den Schulen schon Muttertag gefeiert, sodass Regina und Franca diese Feier mit ihren Instrumenten begleiteten, Anna-Maria fuhr mit den Schwestern nach Cusco, um Lebensmittel einzukaufen, die beiden Jungs knechteten auf der Chacra und ich wusch alleine alle Kleidung. So verstrich der Morgen zwar etwas langweilig, aber es gab Zeit genug, um Fotos für meinen Blog rauszusuchen (schaut mal in der Bildergalerie) und einmal im sturmfreien Haus meine Musik in angemessener Lautstärke zu hören.

Nach dem Mittagessen fuhren wir dann schon zurück nach Cusco. Ich besorgte mit Regina noch schnell ein Geburtstagsgeschenk für einen Kumpel, der an diesem Wochenende seinen Geburtstag feierte und zu dem wir auch am Abend eingeladen waren.

 

Damit verabschiede ich mich aus Quiquijana bzw. Cusco.

 

Bis ganz bald,

eine liebe Umarmung,

 

eure Anna

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